Kapazitätsmärkte sind Modelle für die Organisation des Stromgroßhandels. Neben dem bisherigen Energy-Only-Markt bieten Kapazitätsmärkte nicht nur Erlöse für eine erzeugte Strommenge, sondern für die bloße Bereitstellung von Erzeugungskapazität.
Die Gestaltung der Kapazitätsmärkte unterscheidet sich national. Gemeinsam ist den Kapazitätsmarktmodellen, dass sie auf die grundlegenden Veränderungen im Stromgroßhandel reagieren, die sich aus dem Ausbau der Erneuerbaren Energien ergeben. Diese haben nahezu keine Grenzkosten. Gerade Windenergie- und Solaranlagen haben relativ hohe Investitionskosten, aber kaum Betriebskosten, da sie keine Brennstoffe benötigen. Sie stehen darum in der Einsatzreihenfolge des Kraftwerksparks (Merit Order) ganz vorne.
Je mehr erneuerbarer Strom mit sehr niedrigen Grenzkosten eingespeist wird, desto geringer fällt der Strompreis an der Börse aus, da Kraftwerke mit hohen Grenzkosten, wie zum Beispiel Gaskraftwerke, nur noch selten zum Zuge kommen. Gerade in der Mittagszeit, wenn die Einspeisung aus Photovoltaik-Anlagen hoch ist, wird dieser Merit Order-Effekt deutlich.
Bevor eine größere installierte Leistung von Photovoltaik-Anlagen Strom einspeiste, waren die Börsenstrompreise zu diesem Zeitpunkt am höchsten. Spitzenlastkraftwerke wie Erdgas- oder Pumpspeicherkraftwerke konnten dann hohe Deckungsbeiträge erzielen. Da nun Solarstrom die Spitzenlast zu großen Teilen abdecken kann, ist dies nicht mehr der Fall. Der insgesamt gesunkene Börsenstrompreis und die schrumpfende Differenz zwischen den Preisen für Baseload und Peakload haben zur Konsequenz, dass die Rentabilität von Neuinvestitionen in fossile Kraftwerke und Energiespeicher sinkt. Der Betrieb bestimmter bestehender Kraftwerke mit hohen Grenzkosten lohnt nicht mehr.
Da für die Netzstabilität und zum Ausgleich von sonnen- und windarmen Zeiten jedoch Erzeugungskapazitäten und Stromspeicher erforderlich sind, sind in mehreren europäischen Ländern Kapazitätsmärkte eingeführt worden. Ob Kapazitätsmärkte tatsächlich den notwendigen Ausgleich der wetterabhängigen Solar- und Windstromerzeugung garantieren oder ineffizient und wettbewerbsverzerrend wirken, wird in Wissenschaft und Politik kontrovers diskutiert.